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2008 – Exkursion Rangierbahnhof München Nord – ÖBB Zentralschule – Linzer Pöstlingbergbahn

Vom 31.01. bis 03.02.2008 fand eine Exkursion zum Rangierbahnhof in München Nord, der ÖBB Zentralschule im Wiener Südbahnhof und der Pöstlingbergbahn in Linz statt.

Donnerstag, 31.01.2008

Rangierbahnhof München Nord

Nach der Anreise zum Bahnhof München-Moosach ging es mit dem Bus weiter zum Rangierbahnhof München Nord. Hier war noch ein knapper Kilometer zu Fuß bis zum Stellwerk Mnf zu bewältigen. Am Stellwerk wurden wir von unseren Begleitern der DB in Empfang genommen. Nach einer Sicherheitseinweisung konnte die Besichtigung beginnen.

Eingang Rbf München Nord

Der Güterbahnhof München Nord wurde in seiner heutigen Form 1991 in Betrieb genommen. Er wurde mit einem Elektronischen Stellwerk und einer Ablaufsteuerung MSR 32 der Fa. Siemens ausgerüstet. Letztere steuert unter anderem 7 Bergbremsen, 40 Talbremsen sowie die zugehörigen Förderanlagen in den Talgleisen und die Bergloks während des Abdrückbetriebs.

Das ESTW ist für die Steuerung der übrigen signaltechischen Anlagen, u. a. der Ein- und Ausfahrgruppen im weitläufigen Areal des Rangierbahnhofs sowie der Zulaufstecken, zuständig.

Einen guten Überblick über den Teilbereich des Ablaufberg und die 40 Talgleise der Richtungsgruppe erhält man vom Arbeitsplatz des „Bergmeisters“. Von diesem Arbeitsplatz aus wird der Ablaufbetrieb beobachtet, gesteuert und kontrolliert.

Arbeitsplatz des Bergmeisters Rbf München Nord

Monitore vermitteln dem Bergmeister die für ihn wichtigen Informationen über Wagen oder auch den Status der Ablaufanlage.

Eingabemonitor MSR32 Ablaufsteuerung Rbf München Nord

In der Aussenanlage geht es dagegen mit weniger „Monitor“ aber nicht mit weniger Technik zu Werke.

Nachdem die Wagengruppe entsprechend der Zerlegeliste vorentkuppelt wurde drückt eine von der Ablaufanlage ferngesteuerte Lok (als Rückfallebene und für allfällige Rangierfahrten stets mit einem Lrf besetzt) die Wagen zum sogenannten Brechpunkt.

Hier sieht man wie einer der Wagen den Brechpunkt überwunden hat und nun nur per Schwerkraft seinem Talgleis entgegen rollt. Zuvor durchfährt er das Lichtgitter (vor dem Wagen zu sehen) an dem zusammen mit den für die Gleisfreimeldung nötigen Achszählern festgestellt werden kann ob einerseits die richtige Achsanzahl sowie, in eingeschränkten Maße möglich, die richtige Wagenform abläuft. Passen die Parameter nicht mit den Daten der Ablaufsteuerung zusammen wird beim Bergmeister ein „Falschläufer-Alarm“ ausgelöst. Der oder die Wagen müssen dann im Anschluss nochmals behandelt und an der richtigen Stelle im neu zu bildenden Zug eingereiht werden.

Lichtgitter am Brechpunkt – Rbf München Nord

Um zu verhindern dass die Wagen unkontrolliert beschleunigen und somit im Talgleis ggf. zu weit laufen oder auf andere Wagen hart auftreffen bzw. als „Schlechtläufer“ zu langsam sind und andere Wagen daher auf sie auflaufen könnten wird die Geschwindigkeit per Radar an mehreren Stellen erfasst und die sich daraus ergebenden Daten an den Ablaufrechner übergeben.

Geschwindigkeitsüberwachung – Rbf München Nord

Zusätzlich werden noch die Windstärke und -richtung sowie weitere Wetterbedingungen erfasst. Auf dieser Basis berechnet die Ablaufsteuerung ob oder wie stark ein Wagen gebremst werden muss. Dazu durchfährt jeder Wagen zunächst zwei Bergbremsen.

Auf dem folgenden Bild hat ein Wagen gerade eine der beiden oberenen Bergbremsen passiert.

Blick vom „Berg“ – Rbf München Nord

An den Bremsen werden die Radscheiben sprichwörtlich in die Zange genommen. Dass man hier nicht zimperlich mit den nötigen Kräften umgehen kann zeigen die großen Bohrungen für die Verbindungsbolzen an einem Hydraulikelement der Bremse dass für einen geplanten Austausch vor Ort liegt.

Detail Reservematerial Bergbremse – Rbf München Nord

Da die Wagen in sehr kurzen Abständen folgen müssen die Weichen, gerade im oberen Abschnitt des Ablaufberg, teilweise in sehr kurzer Zeit umlaufen. Daher sind hier sogenannte Schnell- und Schnellstläufer eingebaut. Diese Weichen besitzen teilweise keine Spitzenverschlüsse und haben Umstellzeiten von bis unter einer Sekunde.

Schnellläuferweiche – Rbf München Nord

Hier sind drei der fünf Bergbremsen in der zweiten Etappe zu sehen. Hinter jeder dieser Bergbremsen folgt eine Gleisharfe auf je acht Talgleise der Richtungsgruppe.

Bergbremse – Rbf München Nord

Hat der Wagen sein Talgleis erreicht wird er mittels einer Talbremse auf eine definierte Geschwindigkeit abgebremst. Bei der in München verwendeten Talbremse läuft der Wagen über Gummielemente die je nach nötiger Bremsstärke über die Schiennoberkante gehoben werden und demnach mehr und weniger Stark von den Radsätzen „gewalgt“ werden und demenstprechend für Rollwiderstand sorgen.

Talbremse – Rbf München Nord

Direkt im Anschluß an die Talbremse wird der nun nur noch relativ langsam laufende Wagen von einer zweistufigen Förderanlage übernommen und an die für ihn vorgesehene Stelle im Talgleis positioniert.

Der Rechnerraum der MSR32 Anlage sieht, wie auch bei elektronischen Stellwerken üblich, unspektakulär aus.

MSR32 Ablaufsteuerung – Rbf München Nord

Im Rechnerraum findet sich auch diese Sonderbauform eines Ablaufrechners. Das System ist mit „8-Bit Ablaufrechner“ beschriftet.  🙂

„Ablaufrechner“ – Rbf München Nord

Anschließend ging es, ohne sich „einen Zug zu holen“,

Rbf München Nord

mit der Tram zum Hauptbahnhof und später mit dem Zug zum nächsten Etappenziel Wien um dort das Hotel zu beziehen.


Freitag, 01.02.2008

Lehrstellwerk der Zentralschule der ÖBB im Wiener Südbahnhof

Heute stand der Besuch des Lehrstellwerk in der ÖBB Zentralschule an. Diese befand sich im Seitenflügel des Wiener Südbahnhof. Das Projekt „Hauptbahnhof Wien“ warf bereits seine Schatten voraus und einhergehend mit dem dadurch bedingtem Abriss des Südbahnhof war es auch eine der letzten Möglichkeiten die dortige Anlage vor ihrem Abbau zu besichtigen. In 2011 vermeldete die Fachpresse dass ein neues Lehrstellwerk, basierend vorwiegend auf modernen Stellwerkstypen, durch die ÖBB an anderem Standort wieder errichtet wurde.

Die gesamte Anlage ist in einem Raum angeordnet. Die Stellwerke befinden sich, getrennt durch Seitenwände, um die Anlage herum angeordnet.


Lehrstellwerk der Zentralschule der ÖBB im Wiener Südbahnhof

Über dem Stellwerk von A-See (DrS-Stw.) veranschaulicht eine Tafel die Streckenführung


Lehrstellwerk der Zentralschule der ÖBB im Wiener Südbahnhof

Im Gegensatz zu dem meisten anderen Schulungsanlagen in D (Darmstadt, Gotha, Dresden, usw.) oder CH (SBB Murten und ETH Zürich) hat man hier auch eine Landschaft dargestellt und teilweise detailreich ausgestaltet. Trotz dem sich androhenden Ende der Anlage in dieser Form wurde erkennbar erneuert, weiter umgebaut und teilweise erweitert. 


Lehrstellwerk der Zentralschule der ÖBB im Wiener Südbahnhof

Auch ein Anlagenteil mit Schmalspurbahn war vorhanden


Lehrstellwerk der Zentralschule der ÖBB im Wiener Südbahnhof

Die Lebensdauer der handgefertigten Signale dürften die am Signalfuß eingebauten Federn wesentlich erhöht haben.


Lehrstellwerk der Zentralschule der ÖBB im Wiener Südbahnhof

Die Züge fuhren bedingt durch die Stellwerke gesteuert. Wie in der alten Darmstädter Anlage (Innenstadt bis 2000) oder in Gotha musste teilweise manuell oder via Zusatzpult eingegriffen werden.

Elektromechanisches Stellwerk Bf. D-Kraftwerk


Lehrstellwerk der Zentralschule der ÖBB im Wiener Südbahnhof


Stw. Bf. K-Brücken (Bauform ?)

Der Relaisschrank deutet auf eine elektromechanische Bauart hin. Die Signale wurden am kleinen grauen Pult auf dem Tisch im Hintergrund gestellt.


Lehrstellwerk der Zentralschule der ÖBB im Wiener Südbahnhof

Einer der Bahnhöfe hatt eine innovative und platzsparende Stellwerksbauform zu bieten. Das Stellwerk von SEL / ITT war auf Basis von Relaiskarten aufgebaut, was es ermöglichte die ganze Relaisanlage des Bahnhof in einem einzigen Schrank unterzubringen.


Lehrstellwerk der Zentralschule der ÖBB im Wiener Südbahnhof


Lehrstellwerk der Zentralschule der ÖBB im Wiener Südbahnhof

Mechanisches Stellwerk F-Wiesen


Lehrstellwerk der Zentralschule der ÖBB im Wiener Südbahnhof

Auch ein AEG Relaisstellwerk war vorhanden. Hier waren die Relais „dekorativ“ in zwei Glasschränken untergebracht.


Lehrstellwerk der Zentralschule der ÖBB im Wiener Südbahnhof

Lehrstellwerk der Zentralschule der ÖBB im Wiener Südbahnhof

Zwischen dem Unterrichtsraum im Erdgeschoss und der Lehranlage befand sich noch ein Vorraum in dem weitere signaltechnische und Oberbaumaterialien zu besichtigen waren.

Dort befand sich das mech. Stellwerk „Bf B“, ohne Anbindung an die Anlage.


Lehrstellwerk der Zentralschule der ÖBB im Wiener Südbahnhof

Weitere Ausstattungsteile des Vorraum waren eine Weiche mit diversen Antrieben und Signalen…


Lehrstellwerk der Zentralschule der ÖBB im Wiener Südbahnhof

… oder eine mechanische Schranke.


Lehrstellwerk der Zentralschule der ÖBB im Wiener Südbahnhof

Hinter der Schranke war ein Schild deponiert. Damit man weiss wo man war. 


Lehrstellwerk der Zentralschule der ÖBB im Wiener Südbahnhof

Im Anschluss wurde noch ein wenig Wien erkundet.


Samstag, 02.02.2008

ÖPNV Wien

Der heutige Tag stand mehr oder weniger zur freien Verfügung und wurde u. a. zum Erkunden des Tram-Netz von Wien genutzt, währenddessen man auch sehr gut das obligatorische „Sightseeing“ absolvieren konnte.

Anbei ein paar Impressionen aus Stammersdorf.

Endhaltestelle Stammersdorf
Endhaltestelle Stammersdorf

Die zusammen mit den niederflurigen ULF-Triebwagen verkehrenden Wagen der Reihe E1 und E2 erinnern an die ST 7 und 8 in Darmstadt.

Wien – E1/E2 Straßenbahnwagen Innenansicht

Braucht es immer moderne Technik zur (Grund)Information der Reisenden?  🙂

Wien – Mininmalistisches FIS


Sonntag, 03.02.2008

Heimreise via Linz / Pöstlingbergbahn

Auf der Heimfahrt bot es sich an die Reise in Linz zu unterbrechen. Auch hier war der Besuch einer „letzten Gelegenheit“ geschuldet. Die Pöstlingbergbahn sollte ab 2008 modernisiert sowie in das Linzer Tramnetz eingebunden werden und stand daher vor einem grundlegenden Umbau.

Sie fuhr von 1898 bis 2008 als meterspurige Bahn im reinen Adhäsionsbetrieb vom Bergbahnbahnhof in Linz-Urfahr in der Nähe des ÖBB Bahnhof und Tram Haltestelle auf den Pöstlingberg. Dabei galt es Steigungen bis zu 115‰ zu überwinden. Um in den steilen Abschnitten sicher Bremsen zu können waren die Triebwagen mit Zangenbremsen ausgerüstet. Diese wiederum bedingten einen besonderen Oberbau mit Keilkopfschienen, wie sie u. a. bei einigen Standseilbahnen anzutreffen sind und Schleppweichen.

2009 erfolgte die Wiedereröffnung als Tram Linie 50 auf 900mm Spur mit neuen Fahrzeugen die nun vom Linzer Hauptplatz und die ÖBB Strecke kreuzend auf den Berg verkehrt. Hierzu aber mehr im Bericht zur Exkursion nach Linz und Wels in 2009.

Der Bergbahnbahnof beim ÖBB Bahnhof Linz-Urfahr. Im Vordergrund liegen die ÖBB Gleise.

Bahnhof der Pöstlingbergbahn

In einer der Ausweichstellen wartet bereits die Talfahrt. Die Weichen wurden elektrisch gestellt aber örtlich von den Fahrzeugführern bedient. 

Streckensicht – Pöstlingbergbahn

Die Schleppweiche in der Bergstation im Detail und in der Gesamtansicht. Zusätzlich zur „Zunge“ muss hier auch das Herzstück entsprechend gedreht werden.

Schleppweiche – Pöstlingbergbahn Bergstation
Schleppweiche – Pöstlingbergbahn Bergstation

Alte Keilkopfschienen wurden an Bahnübergängen für die Spurrillen weiterverwendet. Wegen der Zangenbremse, die konstruktiv bedingt den Schienenkopf permanent umgreift, muss nicht nur auf der Innenseite für den Spurkranz des Rades eine Spurrille freigehalten werden sondern auch auf der Aussenkante der Schiene.

Keilschiene – Pöstlingbergbahn

Aber nicht nur unter dem Rad weist die Pöstlingbergbahn Besonderheiten auf, auch über dem Fahrzeug sind nicht mehr weit verbreitete Elemente zu finden. So verfügen die Triebwagen noch über Stangenstromabnehmer

Stangenstromabnehmer – Pöstlingbergbahn

Diese Stromabnehmerbauart bedingt über Weichen eine „Luftweiche“. Die Luftweiche ist über einen Seilzug an das „Herzstück“ gekuppelt und lenkt den Stromabnehmer dann entsprechend weiter.

Luftweiche – Pöstlingbergbahn

Einen Grund für den Bau der Bahn erkennt man wenn man einmal den Blick von den Gleisanlagen abwendet. Vom Pöstlingberg hat man einen sehr guten Blick auf Linz und die Umgebung.

Blick auf Linz – Pöstlingbergbahn

Der Pöstlingbergbahn Triebwagen 14 kurz vor der Bergstation.

Einfahrt in die Bergstation – Pöstlingbergbahn

Neigungsanzeiger neben der Strecke. Links des Anzeiger folgt für 100m eine Steigung von 100‰, rechts davon auf 150m ein Gefälle von 102‰.

Neigungsanzeiger – Pöstlingbergbahn

Der ÖBB Bahnhof Linz-Urfahr weist auch eine Besonderheit auf. Die hier beginnende Mühlkreisbahn nach Aigen-Schlägl verfügt über keine durchgehenden Züge bis Linz Hbf. Die Verbindung von und zum Hauptbahnhof stelt die Straßenbahn her. Es besteht nur eine für den restlichen Güterverkehr und Überführungsfahrten genutzte Verbindungslinie die u. a. das Straßenplanum und eine Straßenbrücke mitnutzt.

[Edit] Im Sommer 2016 wurde die gemeinsam von der Straße und Verbindungsbahn genutzte Brücke über die Donau abgebrochen. Seither ist die Mühlkreisbahn vom übrigen ÖBB Netz isoliert. Die ÖBB Fahrzeuge werden nun in Rottenegg gewartet. Für größere Revisionen werden diese per LKW-Tieflader auf das ÖBB Netz verfrachtet. Die neu errichte Brücke soll auch wieder Gleise tragen, dann jedoch für die Straßenbahn mit ihrem Spurmaß von 900mm. Ob die Brücke wieder Normalspurgleise erhalten wird steht nicht fest. Zudem wurden die Gleise der Verbindungsbahn welche außerhalb des Straßenplanum lagen abgebaut.

ÖBB Bahnof Linz Urfahr
Linz Urfahr – ÖBB Verbindungsgleis

Im Anschluss ging es via Passau wieder zurück in die heimatlichen Gefilde.

Text und Bilder [19.02.2012] [Edit: 17.03.2019] : RG